Brandenburgischer Ausbildungskonsens (Fortschreibung 2025 – 2027)

Präambel

Den jungen Menschen vermittelt die duale Ausbildung hochwertige berufliche Qualifikationen und schafft damit verlässliche Grundlagen für zukunftssichere Teilhabe am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben. Sie eröffnet vielfältige berufliche Aufstiegs- und persönliche Entwicklungschancen und ist ein sicheres Fundament für eine Wirtschaft im digitalen und ökologischen Wandel.

Die Partner des Brandenburgischen Ausbildungskonsenses sehen angesichts demografischer Rahmenbedingungen, des veränderten Bildungsverhaltens und veränderter Lebensplanungen junger Menschen die Notwendigkeit, die Attraktivität der dualen Ausbildung zu steigern und ausdrücklich in der Öffentlichkeit für das attraktive und moderne duale Ausbildungssystem zu werben. Mit der Ausbildungsoffensive „Brandenburg will Dich! Hier hat Ausbildung Zukunft.“ wird das Land zusammen mit den Partnern des Ausbildungskonsenses auch zukünftig die Ausbildungs- und Karrierechancen in Brandenburg für alle sichtbar machen. Die dafür notwendigen Instrumente werden entwickelt und verstetigt. Die Partner werden sich weiter für attraktivere Rahmenbedingungen in Bezug auf bezahlbaren Wohnraum und Mobilität und für attraktivere Ausbildungsbedingungen in den Betrieben und in den beruflichen Schulen einsetzen.

Ziele

Wir halten weiterhin daran fest, den Zielwert von jährlich 10.000 neu abgeschlossenen betrieblichen Ausbildungsverträgen im Bereich BBiG/HwO zu erreichen.

Dafür ist es unter anderem nötig:

  • durch gute Ausbildungsbedingungen möglichst viele junge Menschen in Brandenburg zu halten,
  • bei den Jugendlichen durch inspirierende Lernangebote und eine praxisnahe strukturierte und koordinierte Berufliche Orientierung Lust auf die eigene berufliche Zukunft zu wecken und vor allem die Berufswahlkompetenz zu entwickeln,
  • eine Willkommenskultur auszugestalten, die auf Menschen aus anderen Regionen anziehend wirkt.

Darüber hinaus

  • müssen die technischen Voraussetzungen an den jeweiligen Lern- und Arbeitsorten in der Ausbildung auf die zukünftigen Erfordernisse ausgerichtet und erforderliche Anschaffungen getätigt werden,
  • begründet die fortschreitende Digitalisierung und Transformation der Wirtschaft eine Aktualisierung der beruflichen Ausbildung bezogen auf Lerninhalte, Lernmethoden und Erwerb von Schlüsselqualifikationen,
  • muss die Transparenz von Ausbildungsbedingungen verbessert werden, auch in Bezug auf Vergütung und Arbeitszeiten während der Ausbildung als auch auf Verdienstperspektiven im Anschluss,
  • muss die duale Ausbildung auch auf weitere Umbrüche der Arbeitswelt reagieren können sowie die Transformationsprozesse aktiv mitgestalten und
  • muss die Qualität der Ausbildung gesichert und stetig gesteigert werden und die Attraktivität zum Beispiel durch eine höhere Tarifbindung zunehmen.

Situationsbetrachtung

Die Zahl der neu abgeschlossenen betrieblichen Ausbildungsverträge nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) hat sich nach Jahren des Rückgangs deutlich stabilisiert. Zuletzt war sogar ein steigender Trend bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen erkennbar, sodass im Jahr 2024 das verabredete Ziel erreicht wurde, jährlich 10.000 betriebliche Ausbildungsverträge neu abzuschließen. Die Zahl der ausbildenden Betriebe stieg ebenfalls kontinuierlich und liegt mittlerweile bei über 9.700.

Im Bereich der Gesundheitsfachberufe liegt die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge für 2024 bei 2.735. Den größten Anteil macht dabei der Pflegeberuf aus. Aufgrund der begonnenen bundesrechtlichen Reform der Gesundheitsfachberufe ist mit einer weiteren Attraktivitätssteigerung der Ausbildungsberufe zu rechnen. Da die Gesundheitsfach- und Pflegeberufe eigenen gesetzlichen Regelungen folgen und strukturell vom dualen Ausbildungssystem abweichen, werden diese Ausbildungszahlen gesondert erfasst.

Es liegt nahe, dass sich die gedämpfte Entwicklung der deutschen Wirtschaft auch im Land Brandenburg am Ausbildungsmarkt auswirkt. Dennoch halten Unternehmen bisher trotz der wirtschaftlich schwierigen Situation ein höheres Angebot an Ausbildungsplätzen (2024: 14.015) vor, als sich Bewerberinnen und Bewerber (2024: 12.670) bei den Agenturen für Arbeit in Brandenburg als ausbildungsplatzsuchend melden.

Aktuelle Herausforderungen

Die derzeitige wirtschaftliche Situation ist stark durch Volatilität, Ambiguität, teilweise auch Disruptionen geprägt und somit sehr herausfordernd. Konjunkturelle Schwächen und fehlende Planungssicherheiten überlagern sich mit den Ansprüchen, die aus den digitalen, demografischen und ökologischen Transformationen erwachsen. Das duale Ausbildungssystem muss und kann darauf sowohl mit Verlässlichkeit als auch Anpassungsfähigkeit reagieren, um zukünftige Fachkräfte auf sich verändernde Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten.

Dabei sind die deutlich heterogeneren Ausgangsbedingungen der Auszubildenden zu berücksichtigen, die z.B. immer noch pandemiebedingt durch erhebliche Lernrückstände wie auch psychosoziale Problemlagen gekennzeichnet sind. Hier müssen weiterhin und verstärkt gezielte Unterstützungsangebote vorgehalten werden.

Neben dem hohen Integrations- und Inklusionspotenzial der dualen Berufsausbildung besteht jedoch weiterhin die Chance, die junge Generation für Berufe mit gesellschaftlicher Relevanz für Energiewende, Klimaschutz oder Gesundheit und Pflege zu begeistern. Diese Notwendigkeit muss, neben dem Werben für eine geschlechteratypische Berufswahl, die Kommunikation mit Jugendlichen und Eltern zukünftig stärker prägen.

Folgende Fokusthemen sollen in den kommenden zwei Jahren besondere Aufmerksamkeit erfahren und werden mit konkreten Maßnahmen untersetzt:

1. Gute Ausbildung am Lernort Betrieb gestalten und sichtbar machen

Die Attraktivität der betrieblichen Ausbildung wird neben den Rahmenbedingungen wie einer guten Erreichbarkeit der Lernorte und Wohnmöglichkeiten sowie moderner Lernangebote an den Berufsschulen vor allem durch gute Ausbildungsbedingungen in den Betrieben bestimmt. Dazu gehören z.B. tarifliche Regelungen mit attraktiven Ausbildungsvergütungen und Arbeitszeiten, ausbildungsstützende Instrumente und ein lernförderndes, wertschätzendes Umfeld, berufliche Entwicklungsperspektiven sowie Freiraum zur Persönlichkeitsentwicklung z.B. durch Auslandsaufenthalte während der Berufsausbildung. Damit wird vor allem die Rolle der Ausbilderinnen und Ausbilder immer wichtiger, die im direkten Kontakt mit den jungen Menschen wesentlicher Garant für Lernerfolge sind. Stetige Modernisierung der Berufsbilder und Auszubildende mit teilweise multiplen Problemlagen bedingen deutlich steigende Anforderungen an das ausbildende Personal. Hier sind neben geeigneten Qualifizierungsangeboten vor allem eine höhere betriebliche und gesellschaftliche Wertschätzung nötig.

Wir werden die jährliche Auszeichnung vorbildhafter Ausbildungsbetriebe mit dem Brandenburgischen Ausbildungspreis als Marketing-Instrument für die betriebliche Berufsausbildung im Land Brandenburg fortsetzen. Der Preis macht gute Praxis sichtbar und lädt zur Nachahmung ein.

Erfolgreiche Förderinstrumente zur Sicherung der Qualität der Ausbildung am Lernort Betrieb werden wir aufrechterhalten, weiterentwickeln, verstetigen und noch besser bekannt machen. Dazu zählen u.a. die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung in Handwerk und Landwirtschaft, die Verbundausbildung und die Ausbildungsnetzwerke in der Landwirtschaft sowie die Servicestellen Verbundausbildung.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Verleihung des Brandenburgischen Ausbildungspreises 2025 und 2027 für Unternehmen mit hervorragender Ausbildung; der Jury wird empfohlen, bei ihrer Entscheidung auch Tarifbindung als Kriterium für die Auswahl der auszuzeichnenden Unternehmen zu berücksichtigen,
  • gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit zur Bekanntmachung von Fördermöglichkeiten der ESF Plus PAV-Richtlinie („Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem“) und Steigerung der Inanspruchnahme,
  • Identifizierung von Unterstützungsbedarfen des Ausbildungspersonals im Umgang mit den Auszubildenden und Sensibilisierung für ein Selbstverständnis „wertschätzende Ausbildung“,
  • gemeinsame Ausgestaltung und Umsetzung der Ausbildungsoffensive „Brandenburg will Dich! Hier hat Ausbildung Zukunft.“

2. Stabilität in der Ausbildung verbessern

Die Vertragslösungsquote liegt in Brandenburg seit Jahren im Durchschnitt bei rund 30 Prozent. Darin enthalten sind zum einen Wechsel des Ausbildungsberufes und/oder des Ausbildungsbetriebes, zum anderen Abbrüche, auf die zunächst kein erneuter Vertragsabschluss folgt.

Wir setzen uns zum Ziel, die Stabilität in der Ausbildung im Land Brandenburg zu erhöhen und die Vertragslösungsquote in den nächsten Jahren zu senken. Dabei werden wir die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen Ausbildungsbetrieben, Berufsschulen und weiteren Partnern intensivieren, um Auszubildende bestmöglich zu unterstützen. Wir werden die Bekanntheit wirksamer Instrumente zur niedrigschwelligen Unterstützung der Auszubildenden in den jeweiligen Einrichtungen steigern. Dazu zählen u.a. die Einstiegsqualifizierung (EQ), die Assistierte Ausbildung (AsA) der Bundesagentur für Arbeit, das Landesprogramm „Assistierte Ausbildung Brandenburg“ (AsA Brandenburg) sowie das Landesprogramm „Türöffner: Zukunft Beruf“, welches mit Lokalen Koordinierungsstellen an den Oberstufenzentren Auszubildende am schulischen Lernort und Berufsfachschülerinnen und -schüler ohne Ausbildungsplatz unterstützt.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Initiierung eines Branchendialogs für Ausbildungsberufe mit besonders hohen Vertragslösungsquoten,
  • Schaffung eines Informationsangebotes zu konkreten Möglichkeiten der Lernortkooperation,
  • Bereitstellung einer Checkliste zur Prävention von Ausbildungsabbrüchen,
  • Etablierung und Sicherung einer dauerhaften sozialpädagogischen Begleitung und Beratung von Auszubildenden (z.B. Landesprogramm „Assistierte Ausbildung Brandenburg“, gesetzliche Regelung im Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe).

3. Mobilität und Wohnen von Auszubildenden unterstützen

Auszubildende treffen im Flächenland Brandenburg auf besondere Anforderungen hinsichtlich Mobilität und Wohnen. Insbesondere die duale Berufsausbildung erfordert Präsenz an den unterschiedlichen und manchmal weit voneinander entfernten Lernorten Schule und Betrieb. Oftmals werden darüber hinaus Lehrgänge an überbetrieblichen Bildungsstätten oder Angebote der Verbundausbildung wahrgenommen. Auch aufgrund der Ausweitung von Landesfachklassen können sich Fahrwege erheblich verlängern.

Oberstufenzentren und Bildungsstätten bzw. -dienstleister sind nur teilweise gut an den ÖPNV angebunden. Noch schwieriger ist oftmals der Lernort Betrieb zu erreichen. Einige Betriebe reagieren darauf und schließen gesonderte tarifliche Regelungen für Auszubildende ab. Andere bieten Mitfahrgelegenheiten an, Zuschüsse zum Führerscheinerwerb oder zum Job-Ticket. Letzteres hat an Bedeutung gewonnen, nachdem das VBB-Abo-Azubi Ende 2024 ausgelaufen ist. Durch den neuen Mobilitätszuschuss der Bundesagentur für Arbeit können Kosten von Familienheimfahrten während des ersten Ausbildungsjahres übernommen werden, wenn die betriebliche Berufsausbildung in einer anderen Region aufgenommen wird. Unterkunft und Verpflegung beim Besuch einer auswärtigen Berufsschule werden durch das Land gefördert (Richtlinie Unterkunft und Verpflegung).

Die für das Wohnen von Auszubildenden von Bund und Land zur Verfügung stehenden Fördermittel sind bisher nicht abgerufen worden. Erschwerend wirken u.a. die gestiegenen Baukosten, die teilweise geringe Planbarkeit der Nachfrage sowie Betreuungsanforderungen gegenüber den unter 18-Jährigen. Bislang gibt es keine koordinierte Erfassung von Angebot und Nachfrage unter Einbindung von Oberstufenzentren, Unternehmen, Landkreisen und Kommunen. Auch besteht vielfach Unsicherheit darüber, welche Wohnformen und Betreibermodelle sich eignen. Modelle aus dem städtischen Raum (wie z.B. Azubiwerke) sind auf den ländlichen Raum kaum übertragbar und finden bisher keine Erfahrungswerte im Land Brandenburg. 

Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, dass sowohl die kostengünstige Mobilität von Auszubildenden als auch bezahlbares Wohnen als Attraktivitätsmerkmale von Ausbildung in Brandenburg gestärkt werden.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Prüfung der Einführung eines kostengünstigen Tarifprodukts zur deutschlandweiten Nutzung des ÖPNV durch Auszubildende,
  • Sichtbarmachen von regionaler guter Praxis für individualisierten Personennahverkehr und Identifizierung von Lücken aus der Perspektive der Auszubildenden,
  • Förderung von Azubiwohnen, ggf. unterstützt durch eine eigene Richtlinie, jährliche Förderaufrufe sowie Vernetzungsveranstaltungen mit Bedarfsträgern und eine Plattform zur Information und Bündelung von Bedarfen,
  • Prüfung der Machbarkeit zur Errichtung von Azubiwerken in Brandenburg.

4. Berufliche Orientierung und Berufswahlkompetenz stärken

Eine erfolgreiche Berufliche Orientierung fördert die Entwicklung der Berufswahlkompetenz der Jugendlichen und ihre Freude an der eigenen Lebensplanung und Selbstverwirklichung. Sie wirkt Herausforderungen beim Übergang Schule-Beruf entgegen und hilft, Ausbildungs- und Studienabbrüche zu vermeiden. Daher werden wir die Landesstrategie zur Beruflichen Orientierung (2022) unter Beteiligung aller relevanten Partner weiterhin konsequent umsetzen. Hierbei werden wir uns insbesondere auf die Durchführung praxisnaher Berufsorientierungsangebote wie beispielsweise Schülerbetriebspraktika, das Praxislernen sowie den Zukunftstag konzentrieren. In diesem Zusammenhang setzen wir uns dafür ein, dass sich möglichst viele Unternehmen an den Maßnahmen beteiligen und ausreichend Plätze für Schülerinnen und Schüler bereitstellen.

Zudem werden wir bei allen Beteiligten aktiv für die Inanspruchnahme der Handlungsspielräume der Verwaltungsvorschriften zur Beruflichen Orientierung werben. Diese betreffen insbesondere die Flexibilisierung der Regelungen zu Schülerbetriebspraktika und die Möglichkeiten zur Umsetzung zusätzlicher Berufsorientierungsmaßnahmen (z.B. Woche der Beruflichen Orientierung). Die Durchführung der gemäß Verwaltungsvorschriften verbindlichen Maßnahmen werden wir wie bisher unterstützen, um die Berufliche Orientierung aller Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern.

Zur niedrigschwelligen Vermittlung von Praktikumsplätzen und zur Steigerung der Qualität betrieblicher Praktika wollen wir eine landesweite digitale Praktikumsplattform einführen. Anschließend werden wir die Plattform gemeinsam nutzen und den Zielgruppen bekannt machen.  Die geplante Pilotierung der berufswahlapp zur Strukturierung des Berufswahlprozesses von Schülerinnen und Schülern werden wir unterstützend begleiten. Insbesondere werden wir die Möglichkeiten für die Kommunikation im Bereich der Beruflichen Orientierung prüfen und ggf. nutzen.

Zur besseren Information und Begleitung junger Menschen bei der Berufswahl wollen wir die praxisnahen Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und Multiplikatoren ausbauen und gezielt bewerben. Ziel ist dabei insbesondere, das Wissen über duale Ausbildungsmöglichkeiten zu vertiefen.

Die Ansprache in der Beruflichen Orientierung gestalten wir zielgruppengerecht und vielfältig. Deshalb wollen wir gezielt auch Ausbildungs- und Studienabbrechende, Jugendliche mit Behinderungen sowie junge Menschen mit Migrationsgeschichte unterstützen. Hierbei sollen die berufliche und akademische Bildung gleichberechtigt dargestellt und Eltern durch gezielte Informations- und Beratungsangebote eingebunden werden.

Zur effektiven und koordinierten Umsetzung der Beruflichen Orientierung werden wir die regionalen Partner des Ausbildungskonsenses unter Mitwirkung der bewährten Beratungs- und Unterstützungsstellen, wie beispielsweise dem Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft für Brandenburg e.V., weiterhin aktiv einbinden. Zudem werden wir die Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden Schulen, berufsbildenden Schulen und den Berufsberaterinnen und -beratern der Agenturen für Arbeit stärker fördern. Zur Orientierung und als Qualitätsmaßstab hat sich das Berufswahl-Siegel „Schule mit hervorragender Beruflicher Orientierung“ bewährt, welches wir stärken und weiterentwickeln werden.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Einführung, Nutzung und Bekanntmachung einer landesweiten Praktikumsplattform,
  • Förderung der Inanspruchnahme der Handlungsspielräume der Verwaltungsvorschriften zur Beruflichen Orientierung (z.B. Flexibilisierung von Schülerbetriebspraktika, Durchführung zusätzlicher Maßnahmen),
  • Begleitung und Unterstützung der pilothaften Einführung der berufswahlapp.

5. Übergang Schule-Beruf optimieren

Junge Menschen müssen Zuversicht entwickeln, mit Abschluss der Schule gut gerüstet eine Berufsausbildung aufnehmen zu können. Schülerinnen und Schüler sollen in der Sekundarstufe I ihre sozio-emotionalen Kompetenzen wie Empathie, Verantwortungsbewusstsein, Resilienz, Kreativität, Konfliktfähigkeit sowie Neugier und Mut stärken können. Darüber hinaus müssen Future Skills wie z. B. Selbstreflexion, Selbstmotivation und Selbststeuerung, die Fähigkeit zu kollaborativem Handeln und Selbstständigkeit im Denken und Handeln ebenso wie digitale Grundfertigkeiten stärker als bisher hinsichtlich ihres Stellenwertes für die Arbeitswelt vermittelt werden. Für ein realistisches Abbild der Arbeitswelt bieten sich Kooperationen mit Ausbildungsbetrieben und Einrichtungen der Beruflichen Bildung an. Lehrkräfte werden in Aus-, Fort- und Weiterbildung darin professionalisiert, Schülerinnen und Schüler in der Entwicklung von Future Skills zu unterstützen.

In Brandenburg, wie auch in anderen Bundesländern, geht ein bedeutender Teil der Schulabgänger im Übergangssektor von Schule und Beruf verloren. Diese Jugendlichen könnten zum Teil sofort eine Ausbildung beginnen oder gelten als ausbildungsreif. Statt direkt in eine duale Ausbildung einzumünden, verbleiben viele Jugendliche zunächst in Übergangsmaßnahmen und erfüllen ihre Berufsschulpflicht im Berufsgrundbildungsgang (BFS-G). Durch Maßnahmen im Übergangssektor sollen Jugendliche idealerweise binnen eines Jahres eine Ausbildung antreten. Dies gelingt nur bedingt. Viele junge Menschen bleiben somit langfristig ohne Ausbildungsabschluss. Um jungen Menschen einen praktischen vertieften Einblick in Aufgaben, Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen eines Ausbildungs- oder dualen Studienberufs bei einem Betrieb zu ermöglichen, kann das neue Berufsorientierungspraktikum der Bundesagentur für Arbeit durch Fahrkosten und Kosten für eine auswärtige Unterkunft den Zugang zu einer Ausbildung unterstützen. Durch eine systematische Auswertung vorhandener Daten und Identifikation der Hürden und Erfolgsfaktoren am Übergang von der Schule in den Beruf werden wir strategische Empfehlungen ableiten und konkrete Vorschläge für Maßnahmen entwickeln.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Vermittlung von Future Skills und Ansätzen zur Förderung der Motivation für die Arbeitswelt als Bestandteil der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften ausbauen,
  • Nutzung der Angebote der „Berufsorientierungstourneen“ und „ExBO“ für die Lehrkräftefortbildung,
  • Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Übergangs Schulentlassener in Ausbildung aufgrund datengestützter Analysen.

6. Disparitäten zwischen Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage verringern

Brandenburg als Flächenland steht bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen vor besonderen Herausforderungen, wie bereits im Zusammenhang mit Mobilität und Wohnen umrissen. Dies betrifft insbesondere die ländlichen Regionen, aber auch Standorte im Wettbewerb mit Berlin. Fehlende oder falsche Kenntnis über das duale Ausbildungssystem, ein tradiertes Berufswahlverhalten und ein sich hartnäckig haltendes „schlechtes Image“ der dualen Berufsausbildung sind weitere Gründe dafür, dass eine Ausbildung nicht angetreten oder vorzeitig beendet wird.

Es bedarf somit einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Konsenspartner, sich gemeinsam für bessere Rahmenbedingungen einzusetzen, um Jugendliche mit attraktiven Ausbildungsangeboten zu gewinnen. Dazu zählen eine bessere Erreichbarkeit der Lernorte sowie die Nutzung von Möglichkeiten des digitalen Lernens. Es bedarf aber auch einer stärkeren Berücksichtigung der beruflichen Interessen junger Menschen bei der Ausgestaltung des Ausbildungsangebotes und die Beteiligung wichtiger Bezugspersonen im Prozess der beruflichen Beratung, insbesondere der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten. Ausgehend von stark nachgefragten Ausbildungsberufen sollte noch stärker als bisher bekannt gemacht werden, welche verwandten Berufe ähnliche Interessen bedienen und vergleichbare Kompetenzen vermitteln.          

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Sicherung und Stärkung der Angebotsvielfalt in der Berufsschule zum Erhalt der Berufsschulstandorte,
  • Fortführung und Auswertung des Schulversuchs „Distanzunterricht in der Berufsschule“,
  • Öffentlichkeitsarbeit zu angebotsorientierten Ausbildungsangeboten,
  • laufende Anpassung der Informations- und Beratungsangebote an die verschiedenen Zielgruppen.

7. Ausbildungsperspektiven für Zugewanderte schaffen

Jugendliche mit Migrations- und Fluchthintergrund sind wichtig für die Fachkräftenachwuchssicherung in Brandenburg. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist gerade für junge Menschen ein wesentlicher Baustein für den Integrationsprozess. Die Partner des Brandenburgischen Ausbildungskonsenses begrüßen daher die Fortsetzung und den Transfer von entwickelten Angeboten und Zugängen, zum Beispiel durch die KAUSA-Landesstelle Brandenburg und die Betriebliche Begleitagentur bea-Brandenburg, um Jugendliche und ihren Eltern zum deutschen Ausbildungssystem zu beraten, die Einmündung in eine Ausbildung zu begleiten sowie Ausbildungsbetriebe zu beraten und zu unterstützen, die Jugendliche mit Flucht- oder Migrationshintergrund ausbilden wollen.

Die Partner des Ausbildungskonsenses halten es für geboten, sowohl für Ausbildungsinteressierte als auch für Ausbildungsbetriebe sichere Rahmenbedingungen zu schaffen. Das betrifft sowohl die Rechtssicherheit als auch die Konsistenz und Kontinuität von Fördermöglichkeiten bezüglich der Aufnahme eines Ausbildungsverhältnisses und vorhandener Unterstützungsmöglichkeiten sowie das Bleiberecht während und nach der Ausbildung bzw. Schutz vor Abschiebung. Auch Möglichkeiten der gezielten Zuwanderung aus Drittstaaten zum Zwecke der Ausbildung sind künftig stärker in den Blick zu nehmen.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Bekanntmachung guter Praxisbeispiele,
  • Austausch zu gezielter Zuwanderung aus Drittstaaten zum Zwecke der Ausbildung.

8. Potenziale junger Menschen mit Behinderungen nutzen

Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) beschreibt das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen. Dieser Artikel betont die Verpflichtung der Staaten, sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer inklusiven, hochwertigen Bildung haben und dass sie die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten und Talente zu entwickeln. Durch gezielte Förderung können sie zu qualifizierten Fachkräften heranwachsen. Insgesamt tragen Jugendliche mit Behinderungen nicht nur zur Fachkräftesicherung bei, sondern bereichern auch die Arbeitswelt und fördern eine inklusive Gesellschaft.

Jugendliche mit Behinderungen sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber benötigen verschiedene Unterstützungen und Ressourcen, um eine Ausbildung erfolgreich absolvieren zu können. Dazu gehören zum Beispiel:

  • auf die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Jugendlichen abgestimmte Unterstützung,
  • barrierefreie Ausbildungsplätze sowie die Bekanntmachung von Fördermöglichkeiten für Ausbildungsunternehmen, um diese zu schaffen,
  • frühzeitige und umfassende Berufsberatung,
  • Schulungen für Ausbildungspersonal sowie Kolleginnen und Kollegen, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen,
  • Hilfsmittel, Assistenzpersonen oder spezielle Technologien, die den Jugendlichen helfen, ihre Aufgaben während der Ausbildung zu bewältigen.

Zur Unterstützung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie der jungen Menschen mit Behinderungen vor dem Abschluss eines Ausbildungsvertrages und während der Absolvierung einer betrieblichen Ausbildung, wurden in einzelnen Kammern bereits gute Erfahrungen mit Inklusionsberaterinnen und Inklusionsberatern gemacht. Diese Möglichkeiten wollen wir ausbauen.

Darüber hinaus stehen für die Unterstützung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, insbesondere für die Inanspruchnahme von gesetzlichen Förderleistungen sowie aus Landesförderprogrammen, die Einheitlichen Ansprechstellen (EAA) gemäß §185a SGB IX zur Verfügung. Das Landesförderprogramm „Perspektive inklusiver Arbeitsmarkt 2.0 (PiA 2.0)“ mit der Laufzeit bis zum 31.12.2027 beinhaltet u.a. die Unterstützungsleistungen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie für Menschen mit Behinderungen und Ihnen Gleichgestellten für die Schaffung von betrieblichen Ausbildungsplätzen. Wir wollen dazu beitragen, dass diese Möglichkeiten künftig stärker in Anspruch genommen werden.

Konkret setzen wir in den nächsten zwei Jahren folgende Maßnahmen um:

  • Inklusionsberaterinnen und Inklusionsberatern auf alle brandenburgischen Kammern ausweiten und implementieren,
  • gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit, um vorhandene Fördermöglichkeiten sowie die möglichen Ausbildungsberufe nach § 66 BBiG/ § 42r HwO bei Betrieben und Zielgruppen besser bekannt zu machen.

Im Landesausschuss für Berufsbildung erfolgt ein kontinuierlicher Austausch zur Zielerreichung und zur Wirksamkeit der Maßnahmen des Brandenburgischen Ausbildungskonsenses.

Potsdam, 8. September 2025

Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg
Der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz

Der Minister für Bildung, Jugend und Sport 

Die Ministerin für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
Die Ministerin für Gesundheit und Soziales des Landes Brandenburg
Die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg

Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e. V.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg

Der Handwerkskammertag Land Brandenburg

Der Landesverband Freier Berufe Land Brandenburg e. V.

Erklärung der Partner des Brandenburgischen Ausbildungskonsenses zur Ausbildung in Brandenburg im Kontext der Corona-Pandemie – BGA am 18. September 2020 (PDF-Datei)

Brandenburgischer Ausbildungskonsens – Fortschreibung 2018 – 2020 (PDF-Datei)

Brandenburgischer Ausbildungskonsens – Fortschreibung 2021 – 2023 (PDF-Datei)

Brandenburgischer Ausbildungskonsens – Fortschreibung 2023 – 2025 (PDF-Datei)

Brandenburgischer Ausbildungskonsens – Fortschreibung 2025 – 2027 (PDF-Datei)